Luxemburg MNAHA
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Open and Diverse Luxemburg, Deine Bilder!

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Fotosammlungen in Luxemburg

Worum geht es?

  • Luxemburgs reiche Fotokunstgeschichte, angeführt von Edward Steichen, prägt das kulturelle Erbe des Landes.
  • Die Kuratoren Paul di Felice und Ruud Priem führen dieses Erbe weiter, indem sie Steichens Werke und die Werke zeitgenössischer Künstler verbinden.
  • Die Fotografie wird nicht nur in Museen und Galerien gefeiert, sondern auch im öffentlichen Raum und in Unternehmen wie Arendt & Medernach.
  • Durch Veranstaltungen wie den „European Month of Photography“ und Ausstellungen wie „Rethinking Identity“ bleibt die Fotokunst in Luxemburg lebendig und inspirierend.

Die Geschichte der Fotokunst im Großherzogtum beginnt mit einem ihrer berühmtesten Pioniere, dem Fotografen Edward Steichen. Seitdem haben zahlreiche Künstler, Galerien, Kultur- und Geschäftsinstitutionen sein Erbe weitergeführt. Denn wie Kunst präsentiert wird, das hängt an den Menschen, die sie lieben. Zwei dieser Menschen sind die Kuratoren Paul di Felice und Ruud Priem.

„Dieses Bild ist superklein! Und doch zeigt es eine Familienszene mit zwei wichtigen Frauen in Edward Stei­chens Leben! Überhaupt haben ihn viele Frauen begleitet und inspiriert. Deshalb haben wir derzeit Steichens starke Frauen hier ausgestellt. Also die Fotografien, auf denen sie zu se­hen sind.“ Ruud Priem steht lächelnd vor einem schwarz-weiß-Foto, das, von senkrechtem Format, nicht viel größer ist als eine Visitenkarte. Doch der Rahmen ist so groß wie die der anderen Kunstwerke in diesem Raum. Steichens Kunst wird hier in Wert gesetzt.

Ruud Priem ist Chefkurator in Luxemburgs „Musée national d’archéologie, d’histoire et d’art“ (MNAHA), also das nationale Archäologie-, Geschichts- und Kunstmuseum. Der Niederländer liebt die Fotokunst und ist ein Ver­ehrer Edward Steichens.

MNAHA

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Tiefe Verbindung zum Fotopionier

Das Kulturinstitut hat eine perma­nente Sammlung mit Bildern, die wegen des empfindlichen Materials in einem rotierenden System aufge­hängt werden; immer 20 sind im vom Kulturinstitut verwalteten Standort „Nationalmusée um Fëschmaart“ gleichzeitig zu sehen. Mit „Inspired by Steichen“ hat Ruud Priem nun Ende 2022, eineinhalb Jahre, nachdem er seinen Job beim MNAHA antrat, außerdem eine neue Reihe gestartet.

Er setzt Künstler der Gegenwart mit dem großen in Luxemburg geborenen Fotopionier Steichen in Verbindung, dessen berühmte Ausstellung „The Fa­mily of Man“ UNESCO-Welterbe ist. Die Künstler Erwin Olaf und Hans Op de Beeck hat er mit ihren Werken gezeigt, Fotografien und Skulpturen, die sicht- und spürbar eine tiefe Verbindung zu Steichens Menschen- und Naturbeobachtungen haben. Seien es wiederkehrende bildliche Elemente wie Bäume oder gar „nur“ Stimmungen und Schwingungen.

Edward Steichen, der unter Fotogra­fie-Enthusiasten als einer der wich­tigsten amerikanischen Fotografen bekannt ist, und der die Fotografie zu einer eigenständigen Kunstform erhoben hat, wurde in Luxemburg geboren. „Eigentlich hat Steichen auch gemalt, aber als er merkte, dass seine Fotos besser sind als seine Ge­mälde, hat er die meisten seiner ge­malten Bilder verbrannt. Das nenne ich konsequent!“, sagt Ruud Priem.

Steichen sei immer neugierig gewe­sen und habe sich immer weiterent­wickeln wollen. Er verließ das Land als Kind mit seinen Eltern. Erst in den 1960er-Jahren kehrte er in sein Geburtsland zurück und beschloss, Luxemburg einen Großteil seines Erbes und damit einen wichtigen Teil der Geschichte der Fotografie zu hinterlassen: die Ausstellungen „The Family of Man“ und „The Bitter Years“ in den Jahren 1965 bzw. 1967. Die Ausstellung „The Family of Man“, die 1974 zum ersten Mal teilweise im Schloss von Clerf im Herzen des Nordens des Landes gezeigt wurde, ist quasi die wahre Geburtsstunde der Fotografie in Luxemburg. Diese Begeisterung hält immer noch an. „The Family of Man“ kann man in Clerf dauerhaft besichtigen, und die Ausstellung lockt Fotofans aus dem In- und Ausland gleichermaßen.

Seit Anfang der 1980er-Jahre organisieren sich Enthusiasten, Fotografen und Kuratoren, um das fotografische Schaffen im Groß­herzogtum sichtbar zu machen. 1989 wurde das Centre national de l’audiovisuel (CNA) gegründet, dessen Aufgabe es ist, das audiovi­suelle Erbe Luxemburgs, einschließ­lich der Fotografie, zu sammeln, zu bewahren und aufzuwerten. Die beiden von Edward Steichen hinter­lassenen Sammlungen wurden in die Institution integriert, die sie ab 1994 („The Family of Man“) und 2012 („The Bitter Years“) dauerhaft ausstellte; „The Bitter Years“ wird allerdings gerade restauriert und ist nicht zu sehen. Das CNA hat aber auch gleichzeitig ein Programm mit Sonderausstellungen, Aufträgen und kreativer Unterstützung für natio­nale und internationale Fotografen entwickelt.

In der Galerie „Schlassgoart“ in Esch/Alzette begeistert Ruud Priem und Paul di Felice, der auch hier einmal mehr Kurator ist, an diesem Tag die Ausstellung über den luxemburgischen Universal- Künstler Romain Urhausen. Er ist im Jahr 2021 mit 90 Jahren verstorben. In den 1950er- und 1960er-Jahren war er ein Pionier der Fotografie in Luxemburg und hatte wie viele Fotografen damit zu kämpfen, dass diese lange nicht als eigene Kunst­form anerkannt war.

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Aktiv: „Café-Crème“

Die Galerie „Nei Liicht“ wurde 1982 in Düdelingen im Süden des Landes gegründet. Sie war damals der einzige Ort, der diesem Medium gewidmet war, und stellte Fotografie aus, organisierte aber auch zahl­reiche Treffen und Schulungen mit Fotografen aus allen Bereichen. Fast zeitgleich entstand der Verein „Café- Crème“ von Paul di Felice, Pierre Stiwer und Paul Bretz. Der Verein hat von 1984 bis 1991 das gleich­namige großformatige Magazin herausgegeben und sich auch auf die Organisation von Veranstaltungen rund um die Fotografie spezialisiert.

Ganz wichtig hier: der „European Month of Photography“ („Emop“), der das erste Mal im Jahr 2006 statt­fand. Er fördert europaweit junge, aufstrebende Künstlerinnen und Künstler in wechselnden Städten Europas. Aktiv waren Paul di Felice und das „Café Crème“-Team auch im Casino Luxembourg – Forum für zeitgenössische Kunst; dort organisierte man in den 1990ern eine aktualisierte Version von The Family of Man: „The 90s: A Family of Man?“.

Paul di Felice ist Präsident des „EMOP“, hat einen Doktor in visuel­ler Kunst, ist unabhängiger Kurator, bildender Künstler und Fotograf, und er verbindet gerne verschiedene Formen, von Poesie bis Installati­onskunst. Der 70-Jährige ist überall im Land und auch im Ausland aktiv unterwegs, um die Fotografie zu fördern und zu feiern. Mit Ruud Priem verbindet ihn die gemeinsame Passion für Fotokunst und für Aus­stellungen, die in einem größeren Kontext stehen. So haben die beiden unter anderem im MNHA im Rahmen des „European Month of Photography“ die Expo „Rethinking Identity“ zusammengestellt.

In der Hauptstadt im Park in Merl gibt es eine wech­selnde Ausstellung mit Fotografien unter freiem Himmel. Zwei Mal im Jahr werden die „schwebenden“ Bilder ausgetauscht. Einmal sind es junge luxemburgische Künstlerinnen und Künstler im Rahmen des „Emop“, das andere Mal Schüler aus Luxemburg, deren Werke hier präsentiert werden.

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Mensch und Kunst

„Das sind existenzielle Fragen. Wer bin ich? In welcher Beziehung stehe ich zur Welt? Was sind Identitäten? Das können Geschlechter, aber auch die Herkunft der Menschen sein, im international geprägten Luxemburg natürlich sehr interessant wegen der vielen Menschen mit Migrations­hintergrund“, erklärt Paul di Felice, während er mit Ruud vor den Porträts der Ausstellung steht.

Die „Rethinking“-Reihe zeigt: Man kann und muss alles neu denken. Etwa bei den Themen „Rethinking Nature“ und „Rethinking Landsca­pe“: Wie sehen Künstler die Natur, wie sehen sie das Bewusstsein des Menschen bezüglich Natur und Landschaften? Ein ganz klassisches Thema in der Kunst, das aber gerade heute wieder sehr aktuell ist. „Wir zeigen auch bald Rethinking Photo­graphy“, sagt Paul di Felice. „Topak­tuell, denn: Wie verändert künstliche Intelligenz die Fotografie? Ist sie eine Bereicherung oder muss man sie bekämpfen?“ Für Paul di Felice und Ruud Priem steht außer Frage: Fotografie muss man auch und vor allem in ihrem zeitlichen Kontext betrachten.

Doch jenseits der Museen und der diversen Galerien findet man in Lu­xemburg ebenfalls überall Fotokunst. Zum Beispiel im Geschäfts- und Bankenviertel Kirchberg, etwa bei der Gruppe Deutsche Börse, die eine der größten Sammlungen zeitgenös­sischer Fotografie seit Mitte des 20. Jahrhunderts besitzt und einen der renommiertesten Preise, den „Deut­sche Börse Photography Foundation Prize“, auslobt.

Arendt House

Luxemburg Stadt © Pancake! Photographie

Kreative Fülle

Auch die renommierte Anwaltskanz­lei Arendt & Medernach stellt seit vielen Jahren ihr Engagement für das kreative Schaffen und insbesondere für die zeitgenössische Fotografie unter Beweis. Wer die Räume betritt, staunt über die Allgegenwart der Kunst und die Architektur, die genau dafür gemacht zu sein scheint. In den Gängen betrachten Porträts die Be­sucher. Und in den Konferenzräumen sind es Natur-Aufnahmen jeglicher Art. Bei Arendt & Medernach ist Paul di Felice wieder wichtiger Ak­teur: Er kuratiert die Ausstellungen, die im Herzen des luxemburgischen Firmensitzes präsentiert werden. Außerdem gibt es dort eine dauer­hafte Sammlung nationaler und internationaler Fotografen, einen Förderpreis für einen der beim „European Month of Photography“ vorgestellten Fotografen und eine Vereinigung rund um den renom­mierten Edward Steichen Award.

Fotofieber forever

Das Fotofieber wird im Großherzog­tum nicht so schnell nachlassen. Edward Steichen hat einen un­auslöschlichen Fußabdruck in der Geschichte der Fotografie hinter­lassen. Und Luxemburg scheint fest entschlossen, diesen Weg weiter zu gehen.

Tipps rund um Fotokunst in Luxemburg

  • Die Steichen Collections Luxemburg vereinen Kunstwerke, die mit dem Erbe von Edward J. Steichen (1879 – 1973) und seiner langen, vielfältigen Karriere in Zusammenhang stehen, welche vor allem durch die Fotografie geprägt war. Mehrere öffentliche Sammlun­gen zeugen von seiner bemerkens­werten Laufbahn als Fotograf und als Kurator für das New Yorker Museum of Modern Art (MoMA): die des Musée national d’archéo­logie, d’histoire et d’art (MNHA), der Stadt Luxemburg und des Nationalen Instituts für Bild und Ton (CNA). Erste Anlaufstelle für das vollkommene Steichen-Er­lebnis ist „The Family of Man“. Die Ausstellung in Clerf ist einfach ein Gesamtkunstwerk.
  • Kunst open air gefällig? In Clerf gibt es die immer wechseln­de Bilderausstellung unter freiem Himmel, die „Cité de l’image.
  • Beim European Month of Photography (EMOP) spielt Luxemburg seit 2006 eine wichtige Rolle.
  • Das CNA ist in Luxemburg die An­laufstelle für Fotokunst-Interessierte. Im Wasserturm in Düdelingen gibt es immer wieder wechselnde Ausstellun­gen und bald auch wieder Steichens „The Bitter Years“.
  • Die Galerie Schlassgoart“ ein besonderes High­light, auch architektonisch. Sie zeigt die Sammlung des Stahlindustrie-Rie­sen ArcelorMittal, früher Arbed. Die Werke haben stets mit der luxembur­gischen Stahlindustrie zu tun. Archi­tekten sind EMBT: Enric Miralles, Benedetta Tagliabue, Arquitectes Associats, Moreno Architectes.
  • Für das interessierte Publikum an jedem Wochenende offen ist die große Anwaltskanzlei Arendt & Medernach. Leicht zu erkennen an den ikonischen „Walking in the city“-Figuren des Künstlers Julian Opie, die vor der Fas­sade des Gebäudes von 2017 stehen.

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